Das Oblatenkloster in Aix-en-Provence liegt mitten in der Altstadt. Jeden Tag war um das Haus herum etwas los, Menschen, die feierten, tanzten, Musik spielten.
Ich wurde nach Aix geschickt, um mich auf die ewigen Gelübde vorzubereiten. Zu meiner Gruppe gehörten ca. 24 Oblaten aus der Weltkirche. Die meisten kamen aus Europa und den USA, auch einige aus Afrika und Asien. Dazu kamen noch Ausbilder aus Polen, Italien und Mexiko. Drei Wochen waren wir in Aix, um am Gründungsort der Oblaten dem Charisma der Gemeinschaft nachzuspüren.
In dieser Zeit lebten wir in einer eigenen, internationalen und multikulturellen Kommunität. Jeden Tag gab es Stundengebet und Gottesdienst in unterschiedlichen Sprachen. Die Materialien dazu haben wir via WhatsApp bekommen.
An verschiedenen Abenden haben die sich unterschiedlichen Nationalitäten präsentiert – da gab es auch etwas zu trinken und zu essen. Ich habe deutsche Spezialitäten mitgebracht – das kam sehr gut an.
Die richtige Ansprache
Ein Abend ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Wir wurden in drei Gruppen eingeteilt: Die einen haben in der Kirche Musik gemacht, andere waren in der Stadt unterwegs und haben Leute in die Kirche eingeladen; die letzte Gruppe hat die Eingeladenen empfangen. Dabei haben wir rotiert, sodass jeder mal alles gemacht hat.
Ich kann kein Französisch, nur etwas Englisch. Es war schon in der Kommunität schwierig, alles zu verstehen. Deswegen hatten die unterschiedlichen Sprachgruppen Übersetzer dabei. Ich war der einzige Deutsche – und für mich kam Fr. Michael Klee mit.
Beim Einladen in der Stadt hat es ohne Französisch und mit mäßigem Englisch nicht so gut geklappt.
Das hat mich an den hl. Eugen erinnert. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er mit den Gläubigen in einer Sprache gesprochen hat, die sie verstehen konnten. Damals war das Provenzalisch statt Hoch-Französisch. Und: Eugen konnte seine Begeisterung über das Evangelium vermitteln.
Wie Begeisterung immer noch überspringen kann, hat ein Mitbruder aus Polen gezeigt: Er konnte Französisch nicht besser als ich – aber er sich nicht entmutigen lassen, ist losgezogen und hat einen nach dem anderen in die Kirche geholt.
Eugen hat Massen begeistert
Das hat mich auch an eine Geschichte erinnert, die man uns in Aix erzählt hat:
Nachdem Charles Fortuné de Mazenod, der Onkel Eugens, Bischof von Marseille geworden war, bat er seinen Neffen, Oblaten für eine Volksmission in die Stadt zu senden. Am Ende der Mission fand eine Prozession durch Marseille statt – an der 20.000 Menschen teilnahmen. Außerdem wurde ein Kreuz aufgerichtet. Und an diesem Kreuz entstand ein Wallfahrtsort.
Unerwartete Geschenke
Das noch in dieser Zeit der Glaube Kraft hat, Menschen zu verändern, habe ich in der Kirche am Abend unseres Events erfahren dürfen:
Ein Ehepaar, das unserer Einladung gefolgt war, war zerstritten - und hat sich in der Kirche wieder versöhnt. Ein anderes Ereignis an diesem Abend hat für mir gezeigt, wie unvorhergesehen uns Gott beschenkt: Eine Frau kam zu uns in die Kirche und wollte dann spontan etwas singen; ja, wieso nicht, haben wir gedacht; und sie gab fünf Minuten auf höchstem Niveau fast ein kleines Konzert.
Auch ich habe während meiner Zeit in Aix ein überraschendes Geschenk bekommen:
Am zweiten oder dritten Tag hat jeder von uns ein großes Oblatenkreuz von den Ausbildern erhalten – und auf der Rückseite war ein Zettel mit dem Namen aufgeklebt. Das durften wir für einen Tag behalten. Danach wurden die Kreuze wieder neu verteilt; so hat jeder das von einem anderen bekommen; dieses Kreuz haben wir dann behalten und für den Betreffenden gebetet. Wir wussten aber nicht, wer unseres hatte.
Zum Abschluss stellte ich fest: Der polnische Mitbruder, dessen Kreuz ich hatte, der hatte meines. So haben wir die ganze Zeit füreinander gebetet.
Der apostolische Mann
Überhaupt haben mich die Mitbrüder begeistert. Viele waren fasziniert vom hl. Eugen. Bei denen habe ich echte Begeisterung gespürt. Etwa bei einem Pakistani, der brannte richtig für das Charisma und die Mission der Oblaten.
Auch bei mir hat es in Aix gezündet. Als ich bei den Oblaten eingetreten bin, wusste ich zwar schon etwas über den hl. Eugen – aber das war nicht entscheidend für meine Berufung damals. Besser kennen gelernt habe ich das Charisma im Noviziat. Aber: Es ist nochmal etwas anderes, wenn man vor Ort ist, wo alles begonnen hat – da fühlte ich mich näher dran.
Für mich war das eine Bestätigung, dass wir Oblaten Missionare sind. Und, dass wir etwas bewirken können, wenn wir nach Regeln leben. Das Entscheidende dabei für mich: Wir sollen so werden wie die Apostel, so leben wie sie und eine solche Gemeinschaft haben wie sie. Wir sollen apostolische Männer werden.
Br. Raymund Witzel OMI